Innovator des Jahres 2023: Ernst Blissenbach GmbH

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Von einer Vision zum Weltmarktführer

Die Ingenieurs- und Unternehmer-Gene stecken dem gebürtigen Remscheider Ernst Blissenbach wahrhaft im Blut. Das Bergische Land gilt ja als eine der Wiegen der deutschen Industrie und ist eine Region, die traditionell vom metallverarbeitenden Unternehmergeist geprägt ist. Was daraus entstand? Beispielsweise eine Innovation, die zum Weltstandard für die Rohrinnenentgratung wurde. Und zugleich ein mustergültiges Beispiel dafür ist, dass es Mut und Beharrlichkeit bedarf, um Innovationen zum Erfolg zu verhelfen.

Ernst Blissenbach ist ein Unternehmer, wie er im Buche steht – und stellvertretend für die vielen großen und „hidden“ Champions, die den deutschen Erfolg auf den Weltmärkten prägen. Doch wie zu jeder großen Geschichte, gehören auch zur Ernst Blissenbach GmbH und ihrer Innovation, die sie zum Weltmarktführer machte, zunächst Hürden, Schwierigkeiten und Leiden. Und der Mut, diese zu überwinden. Doch der Reihe nach.

Eine Unternehmerpersönlichkeit, wie sie im Buche steht: Ernst Blissenbach

Am Ende der schweren Nachkriegsjahre und nach dem Wehrdienst konnte Ernst Blissenbach seine Ausbildung bei der Firma Vaillant erfolgreich abschließen. In der Folge schaffte er es, sich vom Lehrling zum geschätzten Mitarbeiter im Konstruktionsbüro hochzuarbeiten. Sein Fleiß und die schnelle Auffassungsgabe sorgten für ein gutes Ansehen bei seinem damaligen Firmenchef Karl-Ernst Vaillant und daher durfte er in seinen freien Stunden eigene Werkzeugideen umsetzen. Über die Jahre wurden die Ergebnisse seiner Arbeit so gefragt, dass er 1973 – zusammen mit seinem Bruder – den Schritt in die Selbstständigkeit wagte.

Eine technologische Vision

Bei ihrer damaligen Tätigkeit waren die beiden Brüder mit ihrem Unternehmen ausgesprochen erfolgreich. Aber die weitsichtige Markteinschätzung eines leitenden Mannesmann-Mitarbeiters hinsichtlich zukünftiger Rohrproduktionen hatte bei Ernst Blissenbach eine technologische Vision ausgelöst.

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Die besagte Person hatte ihm ans Herz gelegt, sich um die Entwicklung eines Werkzeuges zu bemühen, mit dem man den inneren Grat bei Hochfrequenz-Längsnahtgeschweißten Rohren wirtschaftlich entfernen kann. Bei einwandfreier Funktion des Werkzeuges könne sich dieser Produktionsweg dann langfristig als kostengünstige Alternative zum nahtlosen Rohr entwickeln. Bei der fast einhundert Jahre marktbestimmenden Erfindung der Brüder Mannesmann (die kurioserweise ebenfalls aus Remscheid stammten) wurden nahtlose Rohre allein durch Walzen statt durch Schweißen hergestellt. Der Blissenbach-Ansatz war, dass die in der Herstellung und von ihren Toleranzen her prinzipiell vorteilhafteren längsnahtgeschweißten Rohre ihres Hauptnachteils entledigt werden sollten: dem innenliegenden Schweißgrat. Das sollte mittels eines Werkzeugs erfolgen, bei dem ein Hartmetall-Schneidring den während des Schweißens im Rohrinneren entstehenden Grat direkt im laufenden Herstellungsprozesses abhobelt.

So funktioniert die Rohrinnenentgratung
Das Kernprodukt der Ernst Blissenbach GmbH ist ein Rohrinnennahthobel, der bei den Kunden als eine Art Rolls-Royce unter den Werkzeugen dieser Art gilt. Der Fertigungsprozess sieht wie folgt aus: Bei der Herstellung längsnahtgeschweißter Rohre entsteht eine Schweißwulst – der Grat. Dieser stört besonders im Rohrinneren, wo die Oberfläche möglichst glatt sein muss, um die Weiterverarbeitung zu gewährleisten und Bruchstellen zu vermeiden. Wieviel in welcher Art von Rohren von der inneren Schweißnaht entfernt werden muss, spielt sich oft im Zehntelmillimeterbereich ab – und bei Rohren mit einem Innendurchmesser von nur 10,5 Millimetern teilweise auch weit darunter. Unterschiedliche Bauweisen der einzelnen Schweißanlagen erfordern zudem eine individuelle Anpassung der Rohrinnenentgratungs-Lösungen an die Anlage. Weltweit gilt das Blissenbach-Verfahren in der Branche als Impulsgeber für Rohrfertigungsstandards, die den Rohrproduzenten und Anlagenbauern eine maximal mögliche Sicherheit für anspruchsvolle Rohrproduktionsverfahren bietet.

Nach wie vor am Heimatstandort Remscheid im Bergischen Land, einer Wiege der Werkzeug- und metallverarbeitenden Industrie: Die Ernst Blissenbach GmbH

Doch wie in so manchen erfolgreichen Unternehmergeschichten, werden neue Ideen nicht immer mit offenen Armen empfangen. Gerade die Skepsis von Fachkundigen sorgt häufig bei Neuentwicklungen für Gegenwind und es muss intensive Überzeugungsarbeit geleistet werden. So musste Ernst Blissenbach nicht nur seinen Fleiß und seine Beharrlichkeit, sondern auch sein gesamtes Vermögen in seine Vision investieren. Die lange Phase unzureichender Versuche entmutigte Wegbegleiter und Teilhaber, sodass er 1997 schließlich sein eigenes Unternehmen gründete – in einem Alter, in dem andere an den Ruhestand denken, mit 60: „Entweder alles oder nichts … das war schon immer meine Devise“, sagt Ernst Blissenbach, und: „Ich habe mich immer an der Weltklasse orientiert“.

Sein Beharrlichkeit gab ihm recht. Ihm gelang der Durchbruch. Und führte nicht zuletzt dank seiner Werkzeug-Innovation zum Wiedereinzug längsnahtgeschweißter Rohre als marktbestimmendes Verfahren.

Von der Vision zum Weltmarktführer

Viel Werbung muss Ernst Blissenbach für sein Verfahren heute nicht mehr machen. Die hohen Qualitätsstandards, die lange Haltbarkeit und Veredelung der Rohrinnenentgratungswerkzeuge haben sich auf dem Globus längst herumgesprochen – die Blissenbach-Systeme sind Weltmarktführer. „Wir sind auf unserem Gebiet so bekannt wie Tempo oder Coca-Cola“, betont Ernst Blissenbach. Zu den Kunden des Unternehmens zählen weltweit Anlagenbauer und Rohrhersteller, deren Produkte beispielsweise in der Energie- oder in der Autoindustrie Verwendung finden. Werden Rohrschweißmaschinen für rund 15 oder 20 Millionen Euro gekauft, ordert man mit ziemlicher Sicherheit das für die Anlage maßgeschneiderte Blissenbach-System.

Alter nicht als Problem, sondern als Zukunfts-Chance und Emanzipationsmittel unserer Wirtschaft: Der 85jährige Firmenpatron ist ein erfolgreicher „Free-Ager“, den nach wie vor Innovationsgeist antreibt

Nach wie vor sind die Innovationen der Motor des heutigen Weltmarktführers. Blissenbach unterhält dafür ein unternehmenseigenes Innovation Lab, in dem Mitarbeiter in wechselnden Konstellationen gemeinsam neue Projektideen entwickeln und vorantreiben können. „Ohne hoch spezialisierte Leute hat ein Hightech-Unternehmen heute keine Zukunft mehr“, ist sich der geschäftsführerende Gesellschafter Ernst Blissenbach sicher. Und weiter: „Letztendlich bilden die Menschen die entscheidende Stellschraube – ihr Können, Wissen und Wollen, aber auch das Dürfen.“ Aus diesem Grund pflegt der Top-Innovator flache Hierarchien und eine Politik der kurzen Wege. Jeder Mitarbeiter kann mit seinen Ideen direkt zu ihm kommen und man bespricht dann alles auf Augenhöhe.

Von der Vision zum Weltmarktführer – Ernst Blissenbach steht mustergültig für innovativen Unternehmergeist. Aber nicht nur das. Der heute nach wie vor ideenreiche und aktive, mittlerweile 85jährige Firmenpatron ist auch ein erfolgreicher „Free-Ager“, der beweist, dass Alter nicht als Problem, sondern als Zukunfts-Chance und Emanzipationsmittel unserer Wirtschaft gesehen werden kann, denn auch Wissen und Erfahrung sind wertvolle Ressourcen.

Für die visionäre und beharrliche Entwicklung eines heute weltmarktführenden Standards in der Rohrinnenentgratung wird die Ernst Blissenbach GmbH als Innovator des Jahres ausgezeichnet.

2 Antworten zu “Innovator des Jahres 2023: Ernst Blissenbach GmbH”

  1. Liebe Kolleginnen und Kollegen,
    Dem stimme ich voll und ganz zu, und ich denke, dies wird für viele junge Menschen, Innovatoren, ein ernsthafter Schubs sein!!!!! Die Beispiele sind hervorragend! Sie sind Hoffnung für uns alle!!!!!
    Herzlichen Glückwunsch aus Hinwil, Schweiz

  2. Absolut verdient.
    Wobei auch das soziale Engagement ser gesamten Familie Blissenbach nicht unerwähnt bleiben sollte. Auch und besonders durch die Unterstützung seiner Gattin Irmi und seines Sohnes Arnd, konnte Ernst Blissenbach sein Unternehmen an die Position führen, wo es heute steht.

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