Innovator des Jahres 2023: ZEISS

Keine Kommentare Lesezeit:

Der gebändigte Laser

Optische Technologien sind essenziell für den Fortschritt in Lebenswissenschaften, Medizin, Informationstechnologie und Telekommunikation, Automotive, Consumer und vielen anderen Bereichen. Weltweit führend darin ist ZEISS aus Jena. Das bewies das Unternehmen jetzt erneut mit seinem neuartigen Mikroskop ZEISS Lattice Lightsheet 7: Es ermöglicht es, lebenden Zellen auf schonende Weise auf die Spur zu kommen.

Durch die Kombination aus probenschonender Bildgebung und hoher Auflösung können Forscher künftig mit dem System subzelluläre Dynamiken in 3D über Stunden und Tage beobachten, was andere Mikroskopie-Techniken bisher nicht zuließen. Das eröffnet neue Möglichkeiten beispielsweise für die Krebsforschung oder das Verständnis früher Entwicklungsstadien des Lebens. Entwickelt wurde das System von einem Forscherteam rund um die ZEISS Experten Dr. Thomas Kalkbrenner, Dr. Jörg Siebenmorgen und Ralf Wolleschensky.

Der lebenden Zelle auf der Spur

ZEISS Lattice Lightsheet 7 ermöglicht biomedizinischen Forschern erstmals, lebende Zellen über Stunden oder Tage hinweg in live und 3D zu beobachten. Sie untersuchen damit beispielsweise, wie die Zellen auf bestimmte Wirkstoffe reagieren oder was geschieht, wenn Viren oder Bakterien in Zellen eindringen. „Besonders bei Infektionskrankheiten muss am lebenden System untersucht werden, wenn man hier neue Erkenntnisse gewinnen will“, so Teamsprecher Kalkbrenner.

Dr. Thomas Kalkbrenner (Bild: Deutscher Zukunftspreis / Ansgar Pudenz)

Das Team hatte frühzeitig in der Entwicklung potenzielle Anwender eingebunden, die das System getestet und wertvollen Input gegeben haben. Eine Gruppe erforscht beispielsweise mit dem System den Malaria-Parasiten, der laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit jährlich knapp eine halbe Million Todesopfer fordert. Die Forschergruppe aus Melbourne in Australien, die das System mit als eine der ersten eingesetzt haben, konnte mit dem ZEISS Lattice Lightsheet 7 den Prozess des Eindringens dieses nur ein µm großen Parasiten in eine lebende Blutzelle aufnehmen und erstmals verschiedene Stadien dieses superkomplexen Parasitenkreislaufs live und in 3D untersuchen.

Auch in der Krebsforschung haben Wissenschaftler mit ZEISS Lattice Lightsheet 7 bereits neue Erkenntnisse gewinnen können. Prof. Dr. Markus Sauer von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg forscht zu den Immuntherapien, die als Hoffnungsträger für bessere Überlebenschancen gelten. Dabei werden Patienten Abwehrzellen entnommen und so verändert, dass sie die Tumorzellen besser erkennen. Diese effektiveren CAR-T-Zellen werden den Erkrankten dann mittels Infusion wieder zugeführt. „Das genaue Verständnis der Wechselwirkung zwischen diesen CAR-T-Zellen und Tumorzellen ist für die Optimierung der personalisierten Immuntherapie hinsichtlich Effektivität und minimalen Nebenwirkungen von entscheidender Bedeutung“, so Sauer. „Hierbei kann insbesondere die einzelmolekülempfindliche Lattice-Lightsheet-Mikroskopie wichtige Beiträge leisten.“

Der gebändigte Laser

Dr. Jörg Siebenmorgen (Bild: Deutscher Zukunftspreis / Ansgar Pudenz)

Das Problem, mit dem Wissenschaftler bei der Untersuchung lebender Zellen mit Fluoreszenzmikroskopen bisher konfrontiert waren, liegt in der Beleuchtung: die Intensitäten der verwendeten Laserstrahlung sind um den Faktor 1000 und höher als die der Sonne. Diese intensive Beleuchtung kann lebende Zellen nachhaltig schädigen. Eine entscheidende Verringerung dieser Photoschädigung wird durch die sogenannte Lichtblattmikroskopie erreicht: Anders als bei allen anderen Mikroskopen wird dabei die Laserstrahlung – in Form eines Lichtblattes – nur in den Bereich eingebracht, der sich im Fokus des Objektivs befindet.

Während das für größere Organismen gut funktioniert, verhindern die Gesetze der Optik jedoch die Übertragung dieser Technologie auf die Zellbiologie. „Wir müssen den Laser auf besondere Art und Weise bändigen, damit Licht nur noch dorthin kommt, wo eine Forscherin oder ein Forscher auch hingucken will, ohne Zellen unnötig zu schädigen“, erklärt Kalkbrenner. „Dazu haben wir die Idee der Lattice Lightsheets von Nobelpreisträger Eric Betzig aufgegriffen und weiterentwickelt.“

Mit dem ZEISS Lattice Lightsheet 7 können erstmals lebende Zellen über Stunden oder Tage hinweg in live und 3D beobachtet werden – beispielsweise um zu untersuchen, wie Zellen auf bestimmte Wirkstoffe reagieren

Der schiefe Blick durchs Glas

Dr. Ralf Wolleschensky (Bild: Deutscher Zukunftspreis / Ansgar Pudenz)

Darüber hinaus musste das Team die Objektive völlig neu anordnen, da Zellen auf Deckgläsern in Kulturgefäßen wie Petrischalen und Multiwellplatten wachsen. Sie entwickelten eine völlig neuartige Mikroskop-Optik, mit der man schräg von unten durch die Probengefäße auf die darin befindliche Zelle schauen kann, ohne dass es zu Bildfehlern kommt. Insbesondere die für die Wirkstoffentwicklung, dem sogenannten „High Content Screening“, so wichtigen Multiwell-Plattenformate werden damit erstmals für ein Lichtblattmikroskop zugänglich. All das wurde zu einem einfach zu bedienenden, kompakten System mit hohem Automatisierungspotential entwickelt.

Innovation als Teil der Unternehmensidentität

Besondere Würdigung erhielt die Entwicklung des neuen Mikroskopsystems Ende Oktober, als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einer feierlichen Zeremonie das Team von ZEISS mit dem Deutschen Zukunftspreis 2022 auszeichnete. „Wir freuen uns über den Deutschen Zukunftspreis und sind sehr stolz auf das Team, das hinter der außerordentlichen Entwicklungsleistung des ZEISS Lattice Lightsheet 7 steht“, so Dr. Jochen Peter, Mitglied des Vorstands der ZEISS Gruppe, und ergänzt: „Wissenschaftliche Durchbrüche gelingen insbesondere, wenn Unternehmen und Spitzenforschung vernetzt zusammenarbeiten, bei ZEISS ist die Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft historisch gewachsen und fest in der Unternehmensstruktur verankert.“

Innovation hat Tradition bei ZEISS. Sie ist sozusagen in der DNA des Unternehmens verankert. Als Teil der Unternehmens-Strategie steht sie immer in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext und ist gleichzeitig die Grundlage für weiteres Wachstum der ZEISS Gruppe. Daher investiert ZEISS dreizehn Prozent seines Umsatzes in Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Künftige Kundenbedürfnisse mit Produkten, Dienstleistungen, Lösungen und Geschäftsmodellen zu erfüllen, Mehrwert zu bieten und Nutzen zu bringen, sind die Anliegen aller ZEISS Innovationen.

Für die Entwicklung des neuartigen Mikroskops ZEISS Lattice Lightsheet 7 zur schonenden Beobachtung lebender Zellen wird die Carl Zeiss Microscopy GmbH mit dem Innovator des Jahres ausgezeichnet.

Bild ganz oben: Deutscher Zukunftspreis / Ansgar Pudenz

Interesse an einer Bewerbung zum Innovator des Jahres?
Hier finden Sie den Bewerbungsbogen zum Download. Oder kontaktieren Sie für mehr Informationen Christiane von Schönberg, Sprecherin des Nominierungskomitees: von.schoenberg@innovator-des-jahres.com / +49 (0) 2131 / 77 687 – 24

Erfahren Sie hier mehr zum Wirtschaftspreis Innovator des Jahres.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.